Vor 75 Jahren: FC Bayern in Kiel

Am 1. Weihnachtstag 1948 siegte Holstein Kiel mit Franz Linken gegen den FC Bayern München um Jakob Streitle mit 3:1

Am 1. Weihnachtstag 1948, also heute vor genau 75 Jahren, kam es auf dem Holsteinplatz zu einem denkwürdigen Spiel. Das erste Duell der beiden Altmeister aus München und Kiel nach dem 2. Weltkrieg erwärmte die Herzen der Zuschauer, die am Feiertag in Massen an die Irenestraße geströmt waren. Noch immer waren nicht alle Spuren des Krieges rund um die traditionsreiche Sportanlage nicht beseitigt.

Das Weihnachtsgeschenk der KSV Holstein an die Kieler Fußballanhänger, mit dem FC Bayern München am 25. Dezember 1948 einen süddeutschen Spitzenklub auf den Holsteinplatz zu locken, hätte schöner nicht sein können. Beide Teams lieferten sich vor 10.000 Zuschauern einen fairen Kampf auf hohem Niveau, den Holstein am Ende verdientermaßen mit 3:1 (1:1) für sich entscheiden konnte. Auch wenn die erste und bis dahin einzige Deutsche Meisterschaft der Bayern bereits 16 Jahre zurücklag und man nur als Tabellensiebter der erstklassigen Oberliga Süd an die Förde gereist war, besaß das Team um den Altinternationalen Streitle im Norden einen hervorragenden Ruf. Nicht zuletzt hatte der kürzliche 1:0-Sieg der Münchner gegen Süd-Spitzenreiter Kickers Offenbach für Aufsehen gesorgt. Der aus heutiger Sicht besondere Termin für ein Gesellschaftsspiel, so nannte man freundschaftliche Begegnungen damals, war nichts gänzlich Ungewöhnliches. Und auch die Tatsache, dass das Duell gegen die „Süddeutsche Spitzenklasse“, wie es das offizielle Programmheft verkündete, von der britischen Militärregierung genehmigt werden musste, gehörte zu vielen öffentlichen Veranstaltungen der Nachkriegszeit dazu.

Die schwärzeste Stunde

Holsteins bundesweiter Ruhm, der nicht zuletzt aus den drei Teilnahmen am Endspiel um die Deutsche Meisterschaft (1910, 1912 und 1930) resultierte, war auch drei Jahre nach der Stunde Null ungebrochen. Noch fünf Jahre zuvor verpasste man im Halbfinale der Endrunde durch eine 1:3-Niederlage gegen den späteren Meister Dresdner SC nur haarscharf die vierte Endspiel-Teilnahme. Doch was viel schlimmer war: Das Jahr 1948 bildete aus sportlicher Sicht die wohl schwärzeste Stunde der Vereinsgeschichte. Holstein hatte ein Jahr zuvor mit dem ehemaligen Kilianer Hamann einen Akteur ohne Spielberechtigung eingesetzt. Absteiger Hannover protestierte gegen die Wertung der Partien und erhielt Recht. Der Norddeutsche Fußballverband schloss die KSV nach acht Spieltagen mit sofortiger Wirkung aus. Von da an absolvierte Holstein neun Monate lang nur noch Freundschaftsspiele. Der Ausschluss brachte die Störche finanziell an ihre Grenzen. So waren Spiele wie gegen den FC Bayern München nicht nur Balsam für die Seele der noch immer zahlreichen Anhänger, sondern auch eine wertvolle Einnahmequelle in äußerst klammen Zeiten. Da Holsteins guter Ruf im Norden ungebrochen war, erklärten sich viele Vereine zu Freundschaftsspielen bereit, um die finanzielle Not der KSV zu mildern. Im Sommer 1949 wurde Holstein wieder in den regulären Spielbetrieb der erstklassigen Oberliga Nord aufgenommen.

Zehn Duelle gegen die Bayern

Spätestens mit der Einführung der Bundesliga 1963 trennten sich die Wege beider Vereine. Zwar verpassten beide Mannschaften die Qualifikation für die neue, höchste Spielklasse, doch im Gegensatz zu Holstein nutzte der FC Bayern die Gunst der Stunde in der Bundesliga-Aufstiegsrunde 1965. Die größte Erfolgsgeschichte im deutschen Fußball nahm ihren Lauf. Hatten Holstein und die Bayern bis 1954 immerhin sieben Mal die Klingen gekreuzt, sollte es fast 50 Jahre dauern, ehe die Münchner im Juli 2003 wieder an der Förde aufkreuzten und sich in einem Test mit 6:2 durchsetzen konnten. Einer der größten Pokaltage der Vereinsgeschichte – das 6:5 im Elfmeterschießen gegen den FCB am 13. Januar 2021 – sorgte dann dafür, dass unsere KSV Holstein einer der ganz wenigen Vereine in Deutschland ist, der eine positive Gesamtbilanz gegen den Rekordmeister aufweisen kann.

Linken war der Beste

Doch blicken wir noch einmal kurz auf die 90 Minuten am 1. Weihnachtstag 1948 zurück. Mit Franz Linken, der den Überlieferungen nach als bester Holstein-Spieler der Vereinsgeschichte gilt, und Münchens Ex-Nationalspieler Jakob Streitle traten zwei der populärsten Fußballer der Nachkriegszeit zur Seitenwahl an. Linken war es dann auch, der in der 12. Spielminute die Kieler Führung erzielte. Nach dem Ausgleich von Scholz (22.) sorgten Hain (49.) und Carl (77.) für den Endstand.

Fußball an Weihnachten

Fußballspiele an den Festtagen, so wie heute in England immer noch üblich, besaßen für viele eine hohe Attraktivität. Alle hatten frei und die Pause des regulären Spielbetriebes ermöglichte attraktive Begegnungen vor stattlicher Kulisse – und eine willkommene Abwechslung zu den Feierlichkeiten unter dem Tannenbaum. 1943 beispielsweise traten Holstein und der HSV am 1. und am 2. Weihnachtstag zu Hin- und Rückspiel gegeneinander an. Das letzte Punktspiel an Weihnachten fand im höherklassigen deutschen Fußball übrigens am 26. Dezember 1976 in der 2. Liga Nord statt, als der VfL Wolfsburg Schwarz-Weiß Essen mit 2:0 besiegte.

Das könnte Sie auch interessieren

Störche testen im Aufsteiger-Duell gegen Sönderjyske Fodbold

|

Jungstörche in der Bundeshauptstadt: NLZ-Reise nach Berlin

|

Kickfair-Event am Holstein-Stadion: Dank Fußball Demokratie erlebbar machen

|